Ich bin hier.
Ich bin jetzt.
Ich bin okay.
Drei einfache Sätze.
Drei Orientierungspunkte auf der inneren Landkarte.
Eine tägliche Meditation.
Ein Mantra.
Halt, wenn dann doch mal die Überforderung eintritt.
Kein Allheilmittel, aber etwas das mich immer wieder nach Hause finden lässt. Von wo aus ich mich wieder neu ausrichten kann um einen soliden Schritt in die richtige Richtung zu machen.
Als ich vor kurzem meinen ersten akuten Nervenzusammenbruch hatte (also eine Überladung meines Nervensystems), nach einem Streit mit Marita und einer heftigen Auseinandersetzung mit einer Kneipenbesitzerin am Hannover-Hauptbahnhof im Anschluss daran, halfen mir diese drei ‚einfachen Sätze‚ allein überhaupt nicht mehr. Aber immerhin bewegten sie mich dazu einen Freund anzurufen…
Und der war einfach nur da mit mir… am Telefon… dort am Bahnsteig… Als ich nicht mehr atmen konnte und mein Körper nicht aufhören wollte zu zittern.
Ich brauchte nicht groß erklären was passiert war und bekam auch keine Anweisungen von ihm oder Rettungsversuche. Sondern einfach nur Präsenz, Mitgefühl, Authentizität und seinen absolut fantastischen, selbst so getauften Straßenköter-Humor. Zusätzliche Nervensystemkapazität also, um meine Überladung etwas fließen lassen zu können und wieder klar zu kommen. Hier.
Während ich das so schreibe empfinde ich Dankbarkeit. Für ihn und dafür, dass er erreichbar war. Für die Hilfestellung darin, ein mal mehr zu begreifen, dass ich nicht allein bin.
Was für ein Segen und eine Erleichterung, wenn das Licht durchbricht, an einem dunklen Ort!
Und jetzt… bin ich sogar dankbar für alles schlimme das davor war… und scheinbar passieren musste. Manchmal schuppst uns das Leben halt etwas rauer in die richtige Richtung… Bisher war es mir das im Endeffekt immer wert.
Allein kommen wir nur so weit… Klar sind wir soziale Wesen, aber wir sind auch einfach mal ein ganzer Planeten-großer Super-Organismus der mit über 400.000 km/h durch das Universum rauscht! Wir brauchen gesunden Kontakt, Beziehung, Austausch und Verbundenheit! Präsenz miteinander. Wie sollen wir bei dieser Größenordnung sonst begreifen, dass wir überhaupt existieren? Geschweige denn, dass wir einen wichtigen Platz und eine Aufgabe in dem ganzen haben?
Dass wir das gerade, kollektiv wie individuell, wenn überhaupt, gerade nur schwer wieder finden, ist meines Erachtens nach, das größte Problem, dem wir als Menschheit gegenüber stehen. Ohne Beziehungsfähigkeit, auch kein nachhaltiger Umgang mit uns selbst und dem was uns umgibt. Keine Chance für vollständigen Konsens und produktive Lösungen, die man wirklich als solche bezeichnen sollte. An welcher Front auch immer.
Wenn ich mich so umschaue, sehe ich fast niemanden, der im Hier und Jetzt ist. Geschweige denn ‚okay‘.
Wir sind irgendwo und nirgendwo, gestern oder morgen und zum größten Teil leider einfach nur taub.
Aber wie sind wir hier her gekommen? Wann haben wir uns und einander so sehr verloren?
Egal wo man hinschaut: Menschen die nicht wirklich anwesend sind, diskutieren über Probleme mit denen sie nicht einmal zwei Sekunden lang sitzen können, zerbrechen sich den Kopf und halten sich beschäftigt, nur um die darunter liegende Angst und Verzweiflung nicht mitzukriegen.
Wenn ich in die Vergangenheit schaue, glaube ich Antworten zu erkennen. Eine Geschichte die viel älter und tiefer verborgen liegt als wir im Moment aufdecken können.
Es macht Sinn. Die alten sowie neuen kollektiven Narrative passen zusammen und führen mich hier her zurück: Alles dafür zu tun mehr Präsenz zu kultivieren. Mehr Beziehungsfähigkeit- und Kapazität zwischen mir und den Menschen denen ich begegne.
Wir sind leider noch so weit davon entfernt echte Zukunft zu manifestieren. Aber ich glaube zumindest meinen Platz in dem Chaos gefunden zu haben.
Hier… und jetzt. Und da ich das große Glück & Privileg habe, nicht dort zu leben oder aufgewachsen zu sein wo Krieg herrscht, bekomme ich das mit dem okay sein mittlerweile auch ganz gut hin. 😉
(P.S. Die Original-Version dieses Textes, so wie er „durch kam“, findest du auf der englischen Website. 😉 Die Übersetzung fiel mir etwas schwer und kommt mir ein bisschen kantig vor, wofür ich 99% der Verantwortung an die deutsche Sprache abgebe. ;D)
MJ